Brüderchen und Schwesterchen – oder: Blutsbande de luxe

Der Hibbelmors ist 2 Minuten nach seiner Schwester ins Leben gehoben worden. Die Beiden kennen sich also schon als fetale Zellhaufen. Schon was Besonderes. Es sind zweieiige Zwillinge. Aber zweieiiger, als mit Beeinträchtigung und ohne, das ist kaum zu schaffen.

Dieser Unterschied zeigt sich zum Beispiel so: Während die Schwester zu den Pfadis geht, zum HipHop und zum Leichtathletik, haben wir uns wie die Schneeköniginnen gefreut, als der Bremer Verein „21 Hoch 3“ einen Schwimmkurs für Kinder mit Beeinträchtigung organisiert hat. Gerade für geistig beeinträchtigte Kinder ist es extrem schwer, überhaupt ein Freizeitangebot zu finden. By the way: Ohne Elternbegleitung geht da sowieso nichts. Für die vielen Schulferien sehr herausfordernd …

Die Schwester ist dem Hibbelmors wichtiges Hilfsmittel, weil sie ihm Ansporn, Unterstützung und Begegnung ohne Ressentiments bietet.

Der Hibbelmors hat seine Spucke nicht immer unter Kontrolle. Seine Schwester kennt das. Für sie gehört es zum Hibbelmors dazu. Andere Kinder weichen manchmal zurück, wenn sie einen Spuckefaden sehen. Schade! Die Schwester gemahnt den Hibbelmors zwar auch mal zu schlucken, trinkt aber trotzdem aus seinem Glas und küsst ihn fett auf den etwas zu feuchten Mund.

Macht die Schwester etwas vor, macht es der Hibbelmors nach. Manchmal geschieht das zum Leidwesen meines Nervenkostüms. Zum Beispiel dann, wenn er (auch) auf einer schmalen Mauer balancieren will, die auf der anderen Seite tief abfällt. Ist die Gefahr aber überschaubar, bin ich dankbar für jeden Anreiz, der ihn seine Potenziale überhaupt erst entdecken lässt.

Die Schwester sieht aus dem Augenwinkel, wenn ihr Bruder Hilfe braucht. Wir versuchen sie nur selten aktiv in die Beaufsichtigung einzubinden, genießen aber gleichsam die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihrem nicht ganz so alltagskompetenten Bruder hilft. Im Gegenzug unterstützt der Hibbelmors auch seine Schwester – etwa mit intensiven Kuscheleinheiten, wenn die Schule anstrengend oder die Freund*innen doof waren.

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